Bericht über die Mitgliederversammlung der ADT am 13. Oktober 2014
Die Mitgliederversammlung der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tierzüchter e. V. (ADT) war dieses Jahr in der Landesvertretung von Baden-Württemberg bei der EU zu Gast. Referenten von der Europäischen Kommission erläuterten die Bedeutung von Leitlinien im EU-Recht und die Revision der EU-Vorschriften für Tierarzneimittel. Außerdem fand eine Nachwahl zum Präsidium statt und auf dem Parlamentarischen Abend wurde mit deutschen Europaabgeordneten über die Bedeutung der Agrarexporte sowie erfolgreiche Konzepte der Regionalvermarktung diskutiert.
Auf ihrer Mitgliederversammlung am 13. Oktober 2014 in Brüssel haben die Vertreter der ADT-Mitgliedsorganisationen über die Bedeutung von Leitlinien im EU-Recht diskutiert. Tim Gumbel von der Generaldirektion Gesundheit und Verbraucher (Sanco) der Europäischen Kommission erläuterte zunächst die Rechtsnatur von Leitlinien, die zwar nicht explizit im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union genannt sind und daher im Gegensatz zu Verordnungen, Richtlinien oder Beschlüssen nicht zu den rechtsverbindlichen Akten zählen, aber dennoch und unabhängig von ihrer Rechtswirkung Teil des EU-Rechts sind. Leitlinien können sowohl von der Kommission als auch von den Mitgliedstaaten erlassen werden und sind häufig in Basisrechtsakten, wie z. B. der EU-Tiertransportverordnung bereits vorgesehen. Die Leitlinien dienen dann beispielweise dazu, bewährte Praktiken zu beschreiben, um die Durchsetzung des EU-Rechts zu erleichtern. Sie können aber nie das EU-Recht verbindlich auslegen; dies verbleibt in der ausschließlichen Kompetenz des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Es gibt eine Rechtsprechung des EuGH hinsichtlich von Leitlinien, die den Ermessensspielraum der Kommission bei deren Erstellung betont und klarstellt, dass diese in erster Linie die Kommission selber binden. Gumbel wies darauf hin, dass die EU künftig möglicherweise häufiger zum Instrument der Leitlinie greifen könnte, weil dies als Maßnahme der besseren Rechtssetzung
gesehen wird, welche ein Schwerpunkt der neuen Juncker-Kommission sein wird. Diskussionsbedarf gibt es noch mit Blick auf die Frage, ob und inwieweit Leitlinien das bestehende Recht durch konkrete Vorgaben präzisieren sollten und welche tatsächliche Rechtswirkung sie dann entfalten. Nach Ansicht der ADT sollten Leitlinien eher einen allgemeinen Rahmen abstecken, innerhalb dessen die Betroffenen festgelegte Ziele erreichen können.
Im zweiten Vortrag erläuterte Wolfgang Trunk (ebenfalls von der GD Sanco) den Vorschlag der Kommission für eine Verordnung über Arzneifuttermittel, die am 10. September als Teil des Paketes zur Revision der EU-Regeln für Tierarzneimittel veröffentlicht wurde. Schon aus der in Deutschland gebräuchlichen alternativen Bezeichnung Fütterungsarzneimittel geht hervor, warum diese Art der Medikation dort keine große Rolle spielt, denn während sie in Deutschland zu den Arzneimitteln gezählt werden, gelten sie auf EU-Ebene als Futtermittel, was sich in deutlich unterschiedlichen Anforderungen bemerkbar macht. Die Kommission verfolgt mit dem Gesetzesvorschlag das Ziel, den Binnenmarkt zu stärken, die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern und einen Beitrag zur Lösung des Problems der Antibiotikaresistenzen zu leisten. Zu den Tatbeständen, die besser geregelt werden sollen, zählen unter anderem die Verpflichtungen bei Herstellung, Lagerung, Transport und Inverkehrbringen, die homogene Einbringung der Tierarzneimittel in das Futtermittel, Fragen der Zulassung von Betrieben sowie die Verschleppungsgrenzen für Wirkstoffe.
Zuvor hatte Geschäftsführer Hans-Peter Schons über die Ergebnisse des Geschäftsjahres 2013 und die aktuellen Schwerpunkte der Verbandsarbeit berichtet. Die bedeutendsten Themen im Berichtsjahr waren das EU-Tiergesundheitsgesetz, die Vorschläge der Kommission zum Klonen von Tieren sowie die Beratungen in Brüssel für eine neue EU-Verordnung mit Bestimmungen zur Tierzucht. Auch im laufenden Jahr stand zunächst die EU-Tiergesundheitsgesetzgebung im Mittelpunkt, denn die ADT begleitete in enger Zusammenarbeit mit der Europäischen Vereinigung für Tiergesundheit und gesundheitliche Sicherheit (FESASS) die Beratungen im Europäischen Parlament, das sich im April in erster Lesung auf einige Abänderungen des Kommissionsvorschlags einigte. Die Mitarbeit der ADT im Beirat der beiden von der EU geförderten Projekte zur Verbesserung der Kontrollstellen beim Tiertransport und zur Entwicklung eines Zertifizierungssystems für Kontrollstellen sowie für lange Beförderungen ist mit dem erfolgreichen Abschluss des zweiten Projekts beendet. Weiterhin befasst sich die ADT mit den Alternativen zur Kastration von Ferkeln, der Herkunftskennzeichnung von Fleisch und dem Aktionsplan der EU zur Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen.
Auf der diesjährigen Mitgliederversammlung wurde Josef HANNEN neu in das Präsidium gewählt. Hannen ist Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Rinderzüchter (ADR) und hat das Amt von Anton FORTWENGEL übernommen. Neben Präsident Reimer BÖGE und Vizepräsident Hans-Benno WICHERT (Zentralverband der Deutschen Schweineproduktion, ZDS) gehören dem Präsidium außerdem Theo LEUCHTEN (Deutsche Reiterliche Vereinigung) und Leo Graf DRECHSEL (Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft, ZDG) an.
Der traditionelle Parlamentarische Abend fand diesmal in der Vertretung des Landes Baden-Württemberg bei der EU statt. Die Gäste wurden von Bruno Krieglstein, dem Leiter des Referates Vermarktung, Marketing, Ernährungswirtschaft
im Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, begrüßt, der einleitend auf die Bedeutung der Tierzucht als Vorstufe hoher Produktqualität und Grundlage für Robustheit und Gesundheit der Nutztiere hinwies. Präsident Reimer Böge erinnerte an die Anfänge des ADT-Büros in Brüssel im Jahr 2001 und hob die sehr gute Zusammenarbeit mit und in europäischen Dachverbänden als eine wichtige Aufgabe für die ADT hervor. Danach ging Kai-Uwe Sprenger von der Generaldirektion Landwirtschaft der EU-Kommission in einem Impulsvortrag auf die Entwicklung und Bedeutung der Milch- und Fleischexporte der EU ein. Seine prägnante Darstellung lieferte viel Stoff für die anschließende Diskussion mit den deutschen Europaabgeordneten Albert Dess (CSU), Martin Häusling (Bündnis 90/Die Grünen), Ulrike Müller (FW) und Maria Noichl (SPD), die von Präsident Böge moderiert wurde.
Dr. Sprenger erklärte, dass Exporte und Importe immer von Produktion und Verbrauch in den verschiedenen Ländern bzw. Regionen abhängen. Aufgrund unterschiedlicher Standortfaktoren wie Klima oder Infrastruktur haben sich Zentren der Erzeugung herausgebildet, die andere Gebiete versorgen, in denen wegen der großen Bevölkerungsdichte die Nachfrage nicht alleine gedeckt werden kann. Handelsströme entstehen auch, weil es unterschiedliche Verbraucherpräferenzen und somit eine ungleiche Nachfrage nach bestimmten Teilstücken gibt. Was in einem Land als Überschuss gilt, wird mitunter in einem anderen Land zu wenig produziert. Das kann dazu führen, dass auf bestimmten Märken sowohl hohe Importe als auch hohe Exporte verzeichnet werden.
Die Abgeordneten hoben die große Bedeutung des Exports tierischer Erzeugnisse für die verschiedenen Agrarregionen Deutschlands hervor. Ohne die Absatzmärkte im Ausland müssten wohl viele Betriebe aufgeben. Kritisch angemerkt wurde, dass die steigenden Exporte in Drittländer bei einigen Produkten zu einer größeren Abhängigkeit von einzelnen Ländern geführt haben, die mitunter keine verlässlichen Partner sind. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass die Agrarmärke weder in der EU und noch viel weniger in manchen Drittländern wirklich frei Märkte sind. von daher kann es durchaus auf lokalen Märkten zu Störungen kommen, die aber nicht automatisch der EU anzulasten sind.
Gleichzeitig wurde auf Erfolge bei der Regionalvermarktung hingewiesen, die ebenso wichtig ist wie der Export, aber insgesamt wohl eher eine Nische bleiben wird.